Anspruch der Verteidigung auf Datenherausgabe
Zwischen Verteidigern, die sich insbesondere im Verkehrsrecht auf die Überprüfung von Geschwindigkeitsmessungen spezialisiert haben und den Bußgeldbehörden besteht seit längerem Streit darüber, wieweit das Akteneinsichtsrecht der Verteidigung reicht. Dabei ist insbesondere umstritten, ob die Verteidiger auch ein Recht haben sogenannte TUFF-Dateien bzw. Software-Token sowie Passwörter von Geschwindigkeitsmessgeräten übermittelt zu bekommen.
Hierbei handelt es sich um Datensätze bzw. Zugriffsmöglichkeiten auf im Gerät gespeicherte Daten, die einem Sachverständigen sodann eine deutlich bessere Überprüfungsmöglichkeit der ordnungsgemäßen Funktionsweise des Messgerätes, wie auch der einzelnen Messung ermöglichen.
Im Bereich der Bußgeldbehörden herrscht nahezu einhellig die Auffassung, dass diese Daten nicht herausgegeben werden müssen, da sie nicht Teil der Akte sind, sondern im Gerät gespeichert sind bzw. dass das Urheberrecht oder sonstige (letztlich vorgeschobene) schützenswerte Rechte des Geräteherstellers bzw. Betreibers dieser Herausgabe entgegenstehen.
Von der Seiten der spezialisierten Anwaltschaft wird jedoch eingewandt, dass auch ein Recht auf diese Daten und die entsprechende Auswertung bzw. vorherige Übermittlung besteht, denn ansonsten kann eine vollständige und letztlich auch zweifelsfreie Überprüfung der Messung und des Messgerätes nicht erfolgen. Die Weigerung der Herausgabe dieser Daten würde also das Recht des von dem Bußgeldverfahren Betroffenen auf effiziente Verteidigung, aber auch seinen Anspruch auf sogenanntes rechtliches Gehör verletzen. Letztlich muss jedes staatliche Handeln, welches in die Rechte des Bürgers eingreift, transparent, überprüfbar und auch nachvollziehbar sein.
Ohne diese Daten ist genau die Einhaltung dieser Grundsätze jedoch nicht gewährleistet.
Nun hat das AG in Landsberg am Lech diese Auffassung bestätigt und die Zentrale Bußgeldstelle im Bayerischen Polizeiverwaltungsamt angewiesen, die entsprechenden Dateien an den hier tätig gewordenen Verteidiger herauszugeben.
Dabei führte das Amtsgericht aus, dass ansonsten das Recht des Betroffenen auf rechtliches Gehör verletzt sei.
Dabei hat das Gericht richtig herausgestellt, dass gerade im Bereich der Geschwindigkeitsmessung mit sogenannten standardisierten Messgeräten der Betroffene verpflichtet ist, konkret vorzutragen, welche Mängel der Messung hier vorliegen, folglich muss er auch in die grundsätzliche Möglichkeit, Angriffspunkte herauszuarbeiten, versetzt werden. Dieses wäre nicht gegeben, wenn er keinen Zugriff auf diese speziellen Messdatensätze hätte.
Es ist nun zu hoffen, dass einerseits eine Bestätigung der entsprechenden Rechtsprechung auch durch die Obergerichte erfolgt und andererseits sich auch die entsprechenden Bußgeldbehörden an diese Rechtsprechung orientieren, denn hier wird in systematisch richtiger und zutreffender Weise die zugrunde liegende Rechtslage ausgeführt.
Dabei ist für einen Betroffenen im Bußgeldverfahren jedoch zu beachten, dass er selber keinen Anspruch auf Übermittlung dieser Daten hat, sondern eben nur über seinen Verteidiger er im Wege des diesem zustehenden Akteneinsichtsrechtes an die Daten gelangen kann. Es ist also sinnvoll, sich möglichst frühzeitig an einen spezialisierten Rechtsanwalt zu wenden, um etwaige Fehler einer Messung auch gerichtsfest nachweisen zu können.
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