Nach einem Verkehrsunfall, bei dem insbesondere ein Fahrzeug einen Totalschaden erlitten hat, kommt immer wieder die Frage auf, ob auch ein Erstattungsanspruch für das im Fahrzeugtank verbleibende Restbenzin besteht.
Diese Frage wurde bisher von den Amts- und Landgerichten sehr verschieden beantwortet und letztlich findet man sowohl bejahende als auch verneinende Urteile. Nun hat ein Obergericht, nämlich das Oberlandesgericht Düsseldorf, u.a. über diese Frage entschieden (Urteil vom 10.01.2017, Az. I-1 U 46/16) und verneint ein Anspruch des Geschädigten.
Es bestehe kein Anspruch auf Ersatz des restlichen Tankinhalts. Soweit das Benzin nach dem Unfall noch im Tank verblieben ist, ist ein Schaden an dem Tankinhalt durch den Unfall nicht entstanden, da das Benzin ja noch vorhanden sei. Folglich obliege es dem Geschädigten durch eigene Maßnahmen, etwa ein Abpumpen oder ähnliches, dafür Sorge zu tragen, dass dieses Benzin nicht verloren geht, wenn ihm daran gelegen sei.
Alternativ bestehe für den Geschädigten auch die Möglichkeit, bei der Bestimmung des Restwertes auf den insoweit verbleibenden Tankinhalt hinzuweisen und damit eine Erhöhung heraus zu handeln, da üblicherweise Gutachter bei der Bestimmung des Restwertes das Maß der Füllung des Tanks nicht mit ermitteln und auch nicht mit berücksichtigen würden.
Folglich verletzt der Geschädigte seine Verpflichtung zur Schadensminderung, wenn er derartige Maßnahmen unterlässt, so dass ein Anspruch auf Ersatz des Resttankinhaltes gegenüber dem Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung nicht bestehe.
Die rechtliche Argumentation in dem Urteil ist nachvollziehbar, aber letztlich stellen sich weitere Fragen im Hinblick auf die Konsequenzen, die ein entsprechender Geschädigter in der Zukunft aus dieser Rechtsprechung zieht.
Entscheidet sich nämlich ein Geschädigter dafür, das Benzin abpumpen zu lassen, entstehen hierfür Kosten. Grundsätzlich müßte gerade auch unter Berücksichtigung der vorstehenden rechtlichen Argumentation dieser Kostenaufwand Teil des Schadens sein, den dann die gegnerische Versicherung zu erstatten hat.
Es stellt sich aber dann wiederum die Frage, wenn die Kosten eventuell den Wert des Tankinhaltes übersteigen, ob hier nicht wiederum eine Verletzung der Schadensminderungspflicht vorliegt und andererseits bis zu welchem Wert hier letztlich noch eine Angemessenheit der entstehenden Kosten zu dem Resttankinhalt festgestellt werden kann. Dieses sind alles Fragen, über die sich trefflich streiten läßt und die letztendlich wiederum einer gerichtlichen Klärung bedürfen, so dass mit dieser Rechtsprechung die Streitfrage mit allen ihren Auswirkungen sicherlich nicht abschließend geklärt ist.
Aber auch die Alternative, nämlich den Preis mit dem Aufkäufer des Fahrzeuges zu verhandeln und auf das Restbenzin im Tank hinzuweisen, dürfte für den Geschädigten letztlich vergebene Mühe sein. Wenn er wirklich in der Lage ist, einen höheren Preis zu verhandeln, so wert die Freude über diesen zusätzlichen Betrag sicherlich nur kurz.
Da die Versicherung des Unfallgegners nur verpflichtet ist, die Differenz zwischen dem ermittelten Wiederbeschaffungswert des Fahrzeuges und dem erzielten Restwert zu regulieren, erhält der Geschädigte de facto nichts mehr.
Es wird nämlich die Entschädigung der Versicherung genau um den Betrag gekürzt, um den der Betrag gegenüber dem Aufkäufer des beschädigten Fahrzeuges durch die Verhandlung des Geschädigten erhöht worden ist. Es läuft also auf eine Nullnummer für den Geschädigten hinaus.
Folglich kann von diesen beiden Handlungsalternativen nur wirklich sinnvoll über die Alternative des Abpumpens nachgedacht werden, wobei rein vorsorglich es sich empfiehlt, vor der Maßnahme eine Kostenfreigabe von der gegnerischen Versicherung einzuholen.
Rechtsanwalt Dr. Detlef Heise