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Schadenregulierung

Bei der Schadenregulierung von Verkehrsunfällen stellt sich immer wieder die Frage, wie viel Zeit eigentlich der KfZ-Haftpflichtversicherer hat, um Schäden zu regulieren. Hierzu mal ein Beispiel:

Auf dem Parkplatz eines Einkaufzentrums kommt es zu einem Verkehrsunfall. Die Mandantin parkt vorwärts aus einer Parkbucht aus. Während des Ausparkens fährt auf einmal unvermittelt aus der gegenüberliegenden Parkbucht ein Fahrzeug rückwärts heraus. Die Mandantin bremst und kommt zum Stillstand. Das andere Fahrzeug fährt weiter rückwärts. Die Mandantin hupt und versucht noch geistesgegenwärtig in den Rückwärtsgang zu schalten um wieder zurückfahren zu können. Es kommt aber zur Kollision mit dem bereits seit einiger Zeit stehenden Fahrzeug der Mandantin. Der Unfallgegner und die Mandantin steigen aus und sind sich vor Ort über die Schuldfrage einig. Der Mandantin werden die Daten des gegnerischen KFZ-Haftpflichtversicherers ausgehändigt. Dort wird der Schaden dann gemeldet und beziffert. Aber die Regulierung lässt auf sich warten. Nach drei Wochen des Wartens erteilt die Mandantin Klagauftrag. Der Versicherer zahlt nach Zustellung der Klage. Aber wer muss nun für die Verfahrenskosten aufkommen?

Es ist natürlich verständlich, wenn Unfallgeschädigte bzgl. der Schadenregulierung eine gewisse Ungeduld an den Tag legen. Dies insbesondere dann, wenn das verunfallte Fahrzeug nicht mehr zu benutzen ist und das Geld für die Reparatur oder die Neuanschaffung fehlt. Auch wenn vor Ort die Schuldfrage eigentlich klar war, wundern sich Mandanten oft, warum der Versicherer so lange braucht, um in die Regulierung einzutreten.

Dem KfZ-Haftpflichtversicherer steht jedoch nach einschlägiger und ständiger Rechtsprechung der Gerichte eine Frist zur Regulierung zu. Dies ist auch sachgerecht. Der Versicherer bzw. der Sachbearbeiter dort war beim Unfall nicht zugegen. Er kann also nicht einfach einen Schaden regulieren, nur weil er dem Versicherer vom Unfallgeschädigten angezeigt wird. Dies wäre entgegen dem Interesse der eigenen Versichertengemeinschaft. Der Versicherer ist daher auf die Schadensmeldung des eigenen Versicherungsnehmers angewiesen. Hat der Versicherungsnehmer den Schaden nicht angezeigt, so wird der Versicherer erstmals mit der Schadensmeldung des Unfallgeschädigten auf den Sachverhalt aufmerksam und muss dann entsprechende Informationen bei seinem Versicherungsnehmer anfordern. Dieser muss aber nicht immer identisch sein mit dem Fahrer des Fahrzeuges zum Unfallzeitpunkt, man denke hier z. B. an eine Mietwagenfirma.

Dass die entsprechenden Abläufe Zeit benötigen, liegt auf der Hand. Der Versicherer muss für sich klären, ob eine Haftungsverpflichtung vorliegt und wenn ja in welcher Höhe einer zu bestimmenden Quote.

So kann man bei einem Parkplatzunfall wie dem oben beschriebenen z. B. auch immer über eine Mithaftung des Unfallgeschädigten aus der sogenannten Betriebsgefahr des Fahrzeuges nachdenken, auch wenn dieses bereits gestanden hat.

Weiter muss der Versicherer für sich klären, ob der zumeist über ein Sachverständigengutachten geltend gemachte Schaden plausibel ist. Ist er auf den Unfallhergang zurückzuführen oder soll vielleicht versucht werden, vorhandene Vorschäden mitabzurechnen? Zu klären ist auch, ob die Schadensbezifferung der Höhe nach zutreffend ist. Um diese Fragen zu klären, ziehen Versicherer inzwischen externe Dienstleister zur Rate. Auch diese Ermittlungsarbeit kostet Zeit.

Bei Unfällen mit Beteiligung ausländischer Verkehrsteilnehmer kommt es zu weiteren Verzögerungen, da diese Unfälle über inländische Schadenregulierer „laufen“ welche wiederum selbst mit dem ausländischen Versicherer korrespondieren müssen.

Daher verwundert es nicht, dass die Rechtsprechung dem Versicherer auch in einfach gelagerten Fällen meist eine Regulierungsfrist von 4-6 Wochen zugesteht. Dies aber nicht etwa ab dem Unfalldatum, sondern ab dem Tag, an dem beim Versicherer ein konkretes, spezifisches Anspruchsschreiben eingeht.

Diese Rechtsprechung wurde aktuell bestätigt durch das Landgericht Verden sowie OLG Celle in einem von mir betreuten Verfahren. In diesem habe ich den Versicherer vertreten, welcher nach Klagerhebung weitestgehend zahlte. Die Kosten des so zur Erledigung gebrachten Rechtsstreits hatte der Kläger zu tragen, welcher vorschnell die Klage eingereicht hatte, nämlich nur knapp drei Wochen nach Übersendung des konkreten Anspruchsschreibens. Diese Zeitspanne war weder für das Landgericht Verden noch für das OLG Celle ausreichend, insbesondere weil in diesen Zeitraum noch zwei Feiertage fielen.

Entsprechend zeigt sich aus Sicht des Unfallgeschädigten leider, dass auch bei vermeintlich klaren Unfallangelegenheiten Geduld gefragt ist und von der vorschnellen Einlegung einer Klage nur abgeraten werden kann, da die Einleitung eines verfrühten Gerichtsverfahrens dazu führen kann, dass der Unfallgeschädigten nicht nur die Gerichtkosten bezahlen muss, sondern auch die Anwaltskosten. Auch eine eventuell vorhandene Rechtsschutzversicherung wird hier sicherlich nicht begeistert sein, wenn unnötig ein Verfahren lanciert wird.

 

 

Parkplatzunfälle sind letztlich ein tägliches Ereignis,doch birgt die Schadenregulierung von Parkplatzunfällen einige Tücken. Zunächst einmal ist zu beachten, dass nach der ganz einheitlichen Rechtsprechung auf Parkplätzen das allgemeine Rücksichtnahmegebot aus § 1 StVO für alle Fahrzeugführer gilt und deshalb jeder Fahrzeugführer auch immer mit dem Fehlverhalten eines anderen Fahrzeugführers rechnen müsse. Dieses hat verkürzt zur Folge, dass oftmals genau wegen dieses Gebots keine volle Erstattung von der Gegenseite verlangt bzw. durchgesetzt werden kann. Dieses ist für den Geschädigten oft sehr schwer verständlich, da die subjektive Sicht und eben die objektive Aufklärbarkeit mittels Zeugen oder eben Einholung von Sachverständigengutachten nur begrenzt möglich ist.

Bleibt es dann bei Unklarheiten im zugrunde liegenden Sachverhalt wird meistens eine Regulierungsquote gebildet, die oftmals quasi eine Aufteilung der Schäden von 50 zu 50 zwischen den Beteiligten enthält aber auch stark hiervon variieren kann. In der Rechtsprechung finden sich für identische Unfallsituationen völlig verschiedene Quoten, die zum Teil doch erheblich voneinander abweichen können. Deshalb ist auch die vorherige Einschätzung oft sehr schwierig.

Besonders plastisch lässt sich dieses an einem Fall nachvollziehen, den wir vor dem AG Alfeld auf Beklagtenseite vertreten haben.

Hier ist es zu einem Unfall gekommen, bei dem zwei Fahrzeugführer jeweils Rückwärts aus einer Parklücke vor einem Supermarkt ausgeparkt haben und sich sodann auf halber Strecke in der Mitte zwischen diesen im 90 Grad-Winkel angelegten Parkplätzen „trafen“. Jeder der beiden Fahrzeugführer behauptete, er sei zuerst losgefahren und der andere sei unachtsam gewesen und jeder der beiden Fahrzeugführer behauptete auch, er hätte vor dem Aufprall gestanden und der andere sei ihm in das Fahrzeug hineingefahren.

In dieser Situation kann man zunächst einmal nur zu einer sogenannten hälftigen Haftungsquote kommen, wobei in diesem Fall glücklicherweise die Haftpflichtversicherung unseres Mandanten bereit war, auch eine streitige Auseinandersetzung einzugehen und eine Regulierung auch nur eines Teils des gegnerischen Schadens ablehnte. Es war nämlich so, dass erfreulicherweise zwei Zeugen als Passagiere im Fahrzeug unseres Mandanten vorhanden waren und darüber hinaus noch ein außenstehender Zeuge das Geschehnis beobachtete, so dass nach unserer Einschätzung durchaus die Möglichkeit bestand, den Sachverhalt, wie ihn unser Mandant geschildert hat, zur Überzeugung des Gerichts zu belegen und die Behauptungen der Gegenseite zu entkräften.

Dementsprechend wurde dann die Erhebung einer Klage abgewartet und nach Absprache mit der Versicherung haben wir sodann die Vertretung der Versicherung wie auch des Versicherungsnehmers übernommen.

Im Rahmen der ersten mündlichen Verhandlung erteilte das Gericht sodann den Hinweis, der letztlich die obige Zusammenfassung des Allgemeinplatzes enthielt, nämlich, dass es bei derartigen Parkplatzunfällen immer zu einer Quote komme und letztlich eine 50 %ige Schadenteilung richtig ist und das Gericht gute Erfolgsaussichten für die eingereichte Klage sah, die nämlich nur 50 % des Schadens als Klaggegenstand verfolgte.

Nach einiger Argumentation meinerseits mit dem Gericht und dem Hinweis, dass hier Besonderheiten des Sachverhaltes zu berücksichtigen seien, nämlich dass unser Mandant als erster losgefahren sei, sich das gegnerische Fahrzeug noch nicht bewegt habe und unser Mandant gehalten sowie gehupt hätte, was in diesem Fall eben eine 100 %ige Quote zu Lasten des Gegners bedeute, nahm zu diesem Zeitpunkt das Gericht zwar wahr aber nach meinem Eindruck nicht völlig ernst. Trotzdem, und dies ist erfreulich, zeigte sich der Richter unserer Argumentation offen und stellte sodann richtigerweise fest, dass eine Klärung nur über eine Beweisaufnahme erfolgen könne, die er sodann auch anordnete.

In dem sodann folgenden Termin stellte sich die Beweisaufnahme für uns sehr erfreulich da, es ist nämlich sämtlicher Sachverhalt, wie er von uns für den Mandanten vorgetragen worden war, durch die Zeugen bestätigt worden und es konnte übereinstimmend festgestellt werden, dass tatsächlich unser Mandant als Erster mit seinem Rangiermanöver begann, er tatsächlich das Fahrzeug anhielt, als er merkte, dass der Unfallgegner unachtsam aus der Parklücke herausfuhr und er auch noch vorher gehupt hatte, aber der weitere Unfallbeteiligte hierauf nicht reagiert habe.

Im Anschluss an die Beweisaufnahme erfolgte dann noch ein Rechtsgespräch in dem ich das Gericht darauf hinwies, dass in diesem Sachverhalt tatsächlich irgendein Verursachungsbeitrag unseres Mandanten nicht mehr wahrnehmbar sei und deshalb eine Quotenbildung noch nicht einmal unter Berücksichtigung der sogenannten Betriebsgefahr des eigenen Fahrzeuges mehr zu erfolgen hätte. Das Gericht zeigte sich wiederum erfreulich offen abweichend von seiner vorherigen sehr pauschalen Einschätzung und teilte mit, dass es sich den Sachverhalt noch einmal auch unter Berücksichtigung der von uns vorgetragenen Argumente sorgfältig überlegen wolle und dann die Entscheidung verkünden werde.

Dieses geschah auch in dem nämlich die Klage abgewiesen worden ist, wobei im Urteil sodann festgestellt wurde, dass der Unfall in der konkreten Situation für unseren Mandanten unabwendbar, also in keinerlei Hinsicht verhinderbar war und sämtliches Fehlverhalten nur von Seiten des Klägers ausging.

Aufgrund des Streitwertes, der unter 600,00 € lag, ist dieses Urteil sodann auch nicht mehr mit der Berufung anzufechten und endgültig und hat im Ergebnis die sehr erfreuliche weitere Folge, dass nunmehr der Schaden unseres Mandanten vollständig ersetzt werden wird. Es lässt sich an diesem Beispiel also gut erkennen, dass eine generelle, pauschale und immer wieder geltende Einschätzung über die zu bildenden Haftungsverteilungen bei Parkplatzunfällen nicht möglich ist und dass letztlich immer wieder der einzelne Sachverhalt mit seinen Besonderheiten herausgearbeitet und dann anhand der einschlägigen Rechtsnormen geprüft werden muss.

Jedoch und dass ist auch ein Schluss, den man aus diesen Verfahren ziehen kann, ist es letztlich zwingend erforderlich, dass Zeugen zur Verfügung stehen, die auch mit einer entsprechenden Wahrnehmung detailliert den Unfallablauf schildern können. Ohne diese Aufklärungsmöglichkeit des zugrunde liegenden Sachverhalts dürfte eine vollständige Durchsetzung der Ansprüche des jeweiligen Unfallbeteiligten nicht möglich sein.