Es gibt Situationen, in denen nach einem Verkehrsunfall in einem Kreuzungsbereich, welcher durch eine Lichtzeichenanlage (Ampel) geregelt ist, beide Beteiligten behaupten, sie seien bei grün in die Kreuzung eingefahren und hätten ein Vorfahrtsrecht.
Einmal abgesehen von der selten vorkommenden Situation, in der durch eine fehlerhafte Schaltung ein sog. „feindliches“ Grün, also ein sich eigentlich wiedersprechendes Lichtzeichen für beide Verkehrsteilnehmer zeigte, ist eine deutlich häufiger vorkommende Situation die des sog. Kreuzungsräumers.
Ein Kreuzungsräumer ist ein KFZ, das bei Grünlicht in die Kreuzung eingefahren ist, dann aber aufgrund einer Verkehrsstockung halten musste.
Diese Stockung verzögerte die Weiterfahrt so stark, dass zwischenzeitlich die für diesen Fahrer gültige Ampel schon Rotlicht zeigte und der entsprechende Quer- oder abbiegende Gegenverkehr seinerseits bei Grünlicht in die Kreuzung einfuhr und es dann zu einer Kollision zwischen diesen beiden Fahrzeugen gekommen ist.
Wer hier Vorfahrt hat, hängt davon ab, ob es sich bei dem Fahrzeug, welches im Kreuzungsbereich anhalten musste, um einen sog. „echten“ oder „unechten“ Kreuzungsräumer handelte.
Echt ist ein Kreuzungsräumer, wenn dieser erst im Gefahrenbereich der Kreuzung anhalten musste. Hierbei handelt es sich um den Bereich, bei dem ein stehenbleibendes KFZ den weiteren Verkehrsfluss des Querverkehrs stören und gefährden würde.
Nur in dieser Situation darf der Kreuzungsräumer seine Fahrt fortsetzen und der querende Verkehr bzw. der abbiegende Gegenverkehr muss dem entsprechenden Nachzügler das Verlassen der Kreuzung ermöglichen.
Dieser Grundsatz folgt einerseits aus dem allgemeinen Rücksichtnahmegebot aus § 1 i.V.m. § 11 StVO, nachdem derjenige, der eigentlich Vorrang hätte, auf sein Recht verzichten muss, wenn es die allgemeine Verkehrslage erfordert.
Fährt also der Quer- bzw. der abbiegende entgegenkommende Verkehr ohne Rücksichtnahme auf den „echten“ Kreuzungsräumer los und kommt es dann zur Kollision, so kann sich der in die Kreuzung einfahrende Verkehrsteilnehmer nicht auf einen Vorrang aufgrund des einfahrens bei Grünlicht berufen. Dieses ist eine ganz gefestigte Rechtsprechung, die aber in weiten Teilen der Bevölkerung schlicht nicht bekannt ist und zu erheblichen Überraschungen in einer solchen Unfallsituation führen kann.
Wichtig in einer solchen Situation ist für alle Beteiligten, dass nicht die Fahrzeuge sogleich zur Seite gefahren werden, damit einerseits die Polizei die genauen Endpositionen der Fahrzeuge dokumentieren kann; oder zu mindestens zunächst einmal die Unfallbeteiligten mit ihren Handys entsprechende Fotos machen, um die konkrete Situation zu dokumentieren.
Dieses gilt ganz besonders für den Fahrzeugführer, der im Kreuzungsbereich halten musste. Ist dieser nicht in der Lage, nachzuweisen, dass er schon im Gefahrenbereich der Kreuzung war, als er stoppen musste, so wird ihm ein Vorrangrecht zwar ggfls. rechtstheoretisch zustehen, in einem Prozess wird dieser Verkehrsteilnehmer aber trotzdem unterliegen, da er die ihm obliegende Darlegungs- und Beweislast nicht führen wird.
Deshalb ist es darüber hinaus auch wichtig, dass ggfls. anwesende Unfallzeugen angesprochen und die Personalien erfragt werden, damit diese im Streitfall als Zeugen zur Verfügung stehen.
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