Wer infolge eines Verkehrsunfalls die Nutzungsmöglichkeit seines PKWs verliert, kann regelmäßig eine pauschalisierte Nutzungsausfallentschädigung von der gegnerischen Versicherung verlangen. Dabei errechnet sich die konkrete Höhe anhand einer Nutzungsausfalltabelle, deren Beträge sich nach Art und Alter des Fahrzeuges richten.
Dieser Anspruch ist letztlich eine Durchbrechung des Schadensrechtes, da grundsätzlich nur konkrete Minderungen im Vermögen ausgeglichen werden, eine reine Nutzungsmöglichkeit, die nicht mehr besteht, stellt jedoch keinen Vermögensschaden als solches dar.
Da aber die Bedeutung von Kraftfahrzeugen für die individuelle Fortbewegung ein so hohes Gut ist, dass die entsprechende Nutzung eines PKWs als selbstverständlich vorausgesetzt wird, hat der Bundesgerichtshof in diesem Bereich die sonstige Systematik des Schadensrechtes durchbrochen und dem Kraftfahrzeugnutzer bzw. Eigentümer einen eigenständigen Anspruch zugesprochen.
Dieser besteht jedoch nicht in jedem Fall, denn Voraussetzung ist, dass der Geschädigte überhaupt einen Nutzungswillen hatte und darüber hinaus auch eine hypothetische, also theoretische Nutzungsmöglichkeit bestand.
Letzteres ist etwa nicht der Fall, wenn durch den Unfall Verletzungen aufgetreten sind, die eine KFZ-Nutzung ausschließen. Deshalb ist für den Zeitraum, in dem verletzungsbedingt die theoretische Möglichkeit der Nutzung eines PKWs nicht möglich ist, nicht zu entschädigen, in Ausnahmefällen kann aber auch nach Eintritt einer Genesung trotzdem noch der Nutzungsausfall ausgeschlossen sein, wenn nämlich das Verhalten des Geschädigten den Schluss darauf zulässt, dass ein Nutzungswille konkret nicht bestand.
So hat etwa das OLG Hamm in einem Beschluss vom 26.07.22 (I-7 U 52/22) darauf hingewiesen, dass die Anschaffung eines PKWs mit großer zeitlicher Verzögerung zu dem Unfall gegen den entsprechenden Nutzungswillen steht.
Bei einem konkreten Nutzungswillen und auch einer hypothetischen Nutzungsmöglichkeit wäre zu erwarten, dass entweder eine Reparatur des Fahrzeuges beauftragt wird, oder eine Ersatzbeschaffung zumindestens in einem engeren zeitlichen Zusammenhang zu dem Unfall oder eben zu der Genesung vorgenommen wird.
Dieses war in dem entschiedenen Sachverhalt nicht der Fall, hier hat der Geschädigte über anderthalb Jahre mit der Neuanschaffung gewartet. In diesem Fall hat das Gericht, richtigerweise festgestellt, dass aus diesem Verhalten auf einen fehlenden Nutzungswillen zu schließen ist und hat die geltend gemachten Ansprüche auf Nutzungsentschädigung deshalb zurückgewiesen.
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